Wenn am 6. Juli 2017 die Regierungschef*innen der 20 mächtigsten Staaten der Welt anreisen und die versammelte Weltpresse auf Nachrichten aus dem Krisengebiet rund um die Hamburger Messehallen wartet, dann sind wir bereits auf den Straßen. Wir rufen weltweit dazu auf, Hamburg zu einem Ort und Ausrufezeichen des Widerstandes gegen die alten und neuen Autoritäten des Kapitalismus zu machen.
Wir wollen mit einer Demonstration zum Auftakt des G20 Gipfels Protest und Widerstand, radikale Kritik und Praxis gegen patriarchale und kapitalistische Zustände sichtbar machen – uns gegen die Diskurshoheiten der Empfänge und Kamingespräche der folgenden Tage in Stellung bringen.
Der G20 erzeugt einen temporären Ausnahmezustand in Hamburg und seine inhaltliche Ausrichtung bildet eine Klammer all dessen, was wir politisch angreifen. Polizei und Militär stehen nicht nur während der Gipfeltage auf den Dächern, sondern erfüllen überall auf der Welt die Funktion, kapitalistische Ordnungssysteme aufrecht zu erhalten.
Neoliberale und protektionistische Kapitalismusmodelle sind dabei gleichermaßen Teil der globalen Ausbeutung, Abschottung und Verelendung. Ob diese zynische Gewalt sichtbar oder von prachtvollen Empfängen und schönen Fotos überlagert wird, auch darum geht es während der heißen Tage in Hamburg. Dem Gipfel wollen wir dabei ebenso entgegentreten wie dem Versuch, politische Kritik und Proteste zu einem Teil von dessen Inszenierung als demokratischer Institution zu machen.
Es gehört zu den großen Lügen und Illusionen der Herrschenden, dass Gipfel wie der G20 und Institutionen wie Weltbank, IWF, WTO usw. Instrumente der Friedens-, Menschenrechts- oder Klimapolitik wären. Wenn nach dem Gipfel am 9. Juli 2017 die Scherben der Weltpolitik zusammengekehrt werden, werden Kapitalismus und Ausbeutung noch weiter existieren. Am Ende gibt es Abschlusserklärungen und zum Erfolg verdammte Resümees der versammelten Politik und Öffentlichkeit. Wie Krisen und Kriege zum kapitalistischen System gehören, gehören Proteste und Skandale zur Gipfel-Inszenierung. Es liegt an uns, eine andere Rechnung und neue Widerstandsperspektiven aufzumachen.
Der scheinbar unangefochtene Siegeszug des Kapitalismus hat eine gesellschaftliche Spur der Verwüstung hinterlassen. Krieg findet nicht nur als militärische Auseinandersetzung, sondern auch in den Köpfen von immer mehr Menschen statt. Ein rassistischer Mob mobilisiert sich in Deutschland, quer durch Europa und überall auf der Welt. Völkisches und nationalistisches Denken sind wieder salonfähig geworden. Unter anderem Rechtspopulist*innen und Faschist*innen ist es gelungen, gesellschaftliche Diskurse nach rechts zu verschieben. Immer lauter werden Forderungen nach starken Staaten und geschlossenen Grenzen. Die Instrumente einer Weltordnung des vor- und vorvorletzten Jahrhunderts, Stellvertreterkriege um Einflusssphären scheinen mehr denn je legitime Mittel der Politik.
Wir leben in einer Phase des aufstrebenden Nationalismus und Hasses auf Minderheiten. Pogrome gegen Geflüchtete und andere Bevölkerungsgruppen jenseits der Mehrheitsgesellschaft, Angriffe auf Homosexuelle, Trans*- und Inter*Menschen und die Bedeutung von religiösem Fanatismus jeder Glaubensrichtung nehmen weltweit dramatisch zu.
Migration und Flucht werden zentrale Themen des Gipfels, aber auch der Proteste sein. Nicht Bewegungsfreiheit für alle soll gewährleistet werden; es werden nicht einmal sichere Fluchtkorridore geschaffen, um das Massensterben im Mittelmeer zu verhindern. Stattdessen sollen Staatsgrenzen und Warenströme abgesichert werden. Zynismus und faule Deals beherrschen das Geschäft, während der Kongress tanzt.
Die kapitalistische Verwertungslogik soll heute bis in die letzte Nischen der Metropolen und der Peripherie ländlicher Regionen reichen.Die kapitalistische Durchdringung der Welt verbindet aber auch das Terrain des Widerstandes.
Der Widerstand zum Beispiel gegen Tagebauprojekte in Kolumbien hat einen Bezug zu stadtpolitischen Kämpfen gegen das Kohlekraftwerk Moorburg im Hamburger Hafen, das kolumbianische Kohle als Rohstoffquelle nutzt. Verwüstung und Migration durch Klimaerwärmung stehen im direkten Zusammenhang mit Kämpfen um Bleiberecht. Die Verknüpfung von kapitalistischen Verwertungsinteressen lässt sich aufzeigen, kritisieren und politisch angreifen. Mit dem Widerstand gegen G20 wollen wir den Blick auf diese Wechselwirkungen im lokalen und globalen Maßstab richten und gemeinsame Bezüge und widerständige Praktiken entwickeln.
Mit vielfältigem, massenhaftem und unberechenbarem Widerstand wird der reibungslose Ablauf der Gipfelinszenierung gestört werden. Viele Menschen werden dieser Aufführung der Macht politisch und praktisch die Stirn bieten. Im Gegensatz zur bürgerlichen Opposition werden wir den Herrschenden keine Alternativen vorschlagen, um das kapitalistische System am Leben zu erhalten. Gegen Unterdrückung, Ausbeutung und Ausgrenzung setzen wir unsere Kollektivität und Solidarität!
Organisiert euch, seid kreativ und beteiligt euch lautstark, wütend und kämpferisch an der internationalen, antikapitalistischen Demonstration am 06.07. Lasst uns diese Demonstration zu einem ersten Ausdruck unseres Widerstands und der unversöhnlichen Feindschaft gegenüber den herrschenden Verhältnissen und des Gipfelspektakels machen. Für die soziale Revolution!
Wir beginnen am Donnerstag den 6. Juli um 16.00 Uhr am St.Pauli-Fischmarkt mit einer großen Auftaktveranstaltung mit kulturellen, musikalischen und politischen Beiträgen.
Ab 19 Uhr wird sich die Demonstration mit mehreren Zwischenkundgebungen auf die rote Zone zubewegen und in Sichtweite des Tagungsorts Messehallen ihren Abschluss finden.
Don‘t let capitalism get you down – live resistance!
Autonomes und antikapitalistisches Bündnis »G20 – welcome to hell!«
https://g20tohell.blackblogs.org
Donnerstag 6. Juli 2017
G20 Welcome to hell: Internationale antikapitalistische Demonstration gegen den G20-Gipfel
16 Uhr St. Pauli Fischmarkt, Hamburg